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Erfahrungen mit “Spannugsfreiglühen” von PLA

geschrieben von wersy 
Erfahrungen mit “Spannugsfreiglühen” von PLA
22. June 2014 09:13
Unter diesem Begriff versteht man allgemein das nachträgliche Erwärmen von Stählen um innere Spannungen zu reduzieren. Bei Gussteilen spricht man von Tempern.
Was ich bisher nicht wusste: Tempern wird, mit unterschiedlichen Verfahren, auch bei Kunststoffen angewandt.
[www.ict.fraunhofer.de]
[de.wikipedia.org]

Bisher habe ich ohne Heizbett gedruckt, bei einem besonders kritischem, dünnwandigen Teil entstehen jedoch so große Spannungen, dass sich die Unterseite NACH dem Lösen vom Bett, sehr stark wölbt – selbst dann noch, wenn es 24 Stunden auf dem Bett geblieben ist.
Auf eine Länge von 120 mm entsteht dann eine bogenförmige Fläche, die sich an den äußeren Enden bis zu 0,5 mm anhebt.

Bevor ich aber meine komplette, mühsam kalibrierte, Y-Einheit umbaute, bat ich drei Kollegen mir das Teil testweise zu drucken.
Die Ergebnisse waren niederschmetternd:
In zwei Fällen blieb die Unterseite plan, weil sich die Spannungen durch mehrere horizontale Risse bereits abgebaut haben. Zudem waren die Teile extrem verzogen.
Im dritten Fall gab es keine Risse, es haben sich die Ecken aber etwas angehoben und das Teil war nicht nur verzogen, die Wände waren außerdem stark gewölbt.

Ich dachte mal daran, das Druckteil auf der Glasplatte zu lassen und in den Backofen zu schieben. Das hätte aber zur Folge, dass ALLE Spannungen reduziert werden. Wie es dann aussehen würde, kann man sich leicht ausmalen.
Es bietet sich also an, nur die Unterseite soweit zu entspannen, dass sie (hoffentlich dauerhaft) plan bleibt.

Das ist mir nun gelungen.
Dazu stelle ich alles auf meine „Bratpfanne“ - ein extern betriebenes Heizbett – und erwärme für 10 Minuten auf gemessene 70°C.
Bei längeren Aufheizzeiten, wird zu viel entspannt. Denn es herrschen nicht nur Zugspannungen an den Enden, es besteht logischerweise auch eine Druckspannung in der Mitte. Diese Druckspannung kann sich nur abbauen, wenn sich das Material Platz macht. Dabei entsteht dort, an den Außenwänden über den Bodenlayern, jeweils ein leichter Wulst. Der kann auch bei nur 10 Minuten Aufheizen entstehen, wenn die Unterseite zu gut geklebt hat und dadurch die Zugspannungen an den Enden noch stärker ausgefallen sind.

Wie weit sich die Enden Abheben, sieht man sehr genau an den Luftblasen, die sich an der Unterseite bilden. Erwartungsgemäß sind sie an der Hohlkehle größer, da durch die zwei benachbarten, zudem noch spitz zulaufenden Ecken, eine größere Materialanhäufung besteht.







Mit den Ergebnissen kann ich nun gut leben. Nach der Wärmebehandlung sind die Unterseiten absolut plan, bis auf die kleinen verbleibenden, etwa 0,1 bis 0,15 tiefen Mulden.

Jetzt habe ich aber auch keine Ausrede mehr, meinen Nurflügel nicht weiter bauen zu können ;-)

Ich würde mich über Vorschläge, Anregungen und Kritik freuen.

Ich stelle die stl zur Verfügung, falls jemand Lust hat, eine bessere Methode auszuprobieren.
Meine Einstellungen:
Layerhöhe =0,3 mm
Druckbreite =0,5 mm
Infill 0%
1 Perimeter
Boden und Decke jeweils 2 solid Layer
Drucktemperatur (PLA) =230° ohne Kühlung, für gute Verbindung zwischen den Perimetern
Bei den ersten 3 Layer lasse ich mir 30 Minuten Zeit
Für die übrigen Layer brauche ich jeweils 15 Sekunden

Clark3150brim2.stl

1-mal bearbeitet. Zuletzt am 22.06.14 14:27.


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Re: Erfahrungen mit “Spannugsfreiglühen” von PLA
23. June 2014 07:33
walder, bist der beste.
Nicht nur CNC-Papst sondern auch der Halbgott der Wandungen :-)

1-mal bearbeitet. Zuletzt am 23.06.14 07:33.


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hd
Re: Erfahrungen mit “Spannugsfreiglühen” von PLA
23. June 2014 11:35
Hallo Walder,

Dazu stelle ich alles auf meine „Bratpfanne“

nur das teil oder mit der druckplatte?
gruss hd
Re: Erfahrungen mit “Spannugsfreiglühen” von PLA
23. June 2014 12:10
Quote
angelo
walder, bist der beste.
Nicht nur CNC-Papst sondern auch der Halbgott der Wandungen :-)

Angelo, zuviel der Ehre.
Von CNC habe ich keine Ahnung!

Gruß Michael


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Re: Erfahrungen mit “Spannugsfreiglühen” von PLA
23. June 2014 14:48
Quote
hd
Hallo Walder,

Dazu stelle ich alles auf meine „Bratpfanne“

nur das teil oder mit der druckplatte?
gruss hd

Ja, mit der Druckplatte. Andernfalls hätte sich die Unterseite bereits gewölbt.
Ist sie schon krumm, kann man nur versuchen, das Teil zu beschweren und warten bis es sich "gesetzt" hat.
Das ist aber schlechter zu kontrollieren, es besteht die Gefahr, das das Teil sich neigt, und die seitlichen Wülste unten treten noch mehr hervor.

Gerade eben habe ich ein Teil abgenommen, bei dem sich unter dem Bereich der Hohlkehle überhaupt kein Hohlraum gebildet hat. Das ist schon sehr merkwürdig, weil dort ja die größten Zugspannungen auftreten.
Kein Wunder: Auf halber Höhe ist in der Hohlkehle ein Druckfehler und ein Loch! Da wurde die Zugspannung vorher "entspannt".
Auch mit einem anderen Filament habe ich kaum Hohlräume - aber jede Menge feinste Risse ;-)
Wenn also die Unterseite gar zu gut ist, ist was im Busch...

Zusatz:
Die logische Konsequenz wäre, statt Risse zu riskieren, diese gleich als Dehnfugen, in Form von keilförmigen Einschnitten, zu gestalten.
Das sähe zwar nicht sehr schön aus, bei diesem Teil wäre es aber möglich.
Dann müsste ich aber wieder auf meine mühsam erstellten, geklonten Layer verzichten (s. "Layer klonen weil Skeinforge eiert")
[forums.reprap.org]

Gruß Michael



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 23.06.14 18:42.


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