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Das Drucken von PEEK (VORSICHTeye rolling smiley)

geschrieben von Legion 2.3 
Das Drucken von PEEK (VORSICHTeye rolling smiley)
10. August 2015 04:45
Verehrte Gemeinde

Ich habe mich dieses Wochenende an dem 3d-Druck von PEEK versucht.
PEEK-Filament gibt es seit kurzer Zeit bei Filamentworld zu kaufen und kostet stattliche 179 € für 200 g, das Material dürfte also mit satten 895 €/kg das teuerste Filament überhaupt sein.
Vorteile dieses Materials sind bekanntermaßen die hohe Temperaturstabilität (PEEK wird bei vielen Hotends als Thermalbarriere eingesetzt, z.B beim Merlin-Hotend) und hohe Festigkeit und Steifigkeit.

Eben diese Steifigkeit sorgt aber zuerst einmal für Probleme:


Das Filament wurde (wohl wegen der geringen Gesamtlänge) auf eine sehr kleinen Spule gewickelt. Sobald man das Ende des Filaments aus dem Aretierungsloch löst, wickelt es sich aber schon fleißig selber ab. Ein zuverlässiges Drucken direkt von dieser Spule ist kaum denkbar, man müsste die Spule auf dem Spulenhalter schon aktiv bremsen, während das Material eingezogen wird.
Ich habe kurzerhand das Material auf eine größere Leerspule umgespult, um das Material überhaupt drucken zu können.

Zum Drucken des Materials wird eine Temperatur von 360 - 380 °C empfohlen. Ich verwende ein E3d-v6 Hotend, welches keinen Teflon-Liner besitzt und somit mechanisch problemlos mit Temperaturen um die 400 °C umgehen kann. Da ein standard-Thermistor schon bei 300 °C aussteigt, habe ich mein Hotend auf ein Typ-K Thermoelement umgerüstet mit entsprechender Elektronik von Adafruit. Damit kann das Hotend problemlos mit den notwendigen Temperaturen arbeiten.
Das Thermoelement habe ich mit der Wärmeleitpaste eingeklebt, die bei den RRD-Silenciosos mit im Paket waren. Die Düse habe ich vor dem Druck des PEEKs ausgetauscht. Mit der vorher montierten Düse wurde PLA gedruckt und die Gefahr, dass bei den hohen Temperaturen verbrannte Reste des Materials die Düse blockieren, war mir zu groß.

Die Leitung des Thermoelements war mit 1 m etwas zu kurz, deswegen habe ich eine einfache 0,5 mm²-Leitung angelötet. Das stellt sich nach kurzer Zeit als Fehler heraus: Sobald man die Lötstelle berührt, also aufwärmt, sinkt die angezeigte Temperatur um bis zu 10 °C. Ich hatte nicht bedacht, dass das Thermoelement grundlegend mit dem Prinzip der erzeugten Spannung bei bestimmter Materialpaarung und Temperatur funktioniert, mit meiner angelöteten Leitung habe ich da natürlich eine weitere Spannungsquelle geschaffen.
Die Temperatur im höheren Bereich stimmt aber recht genau mit den Werten des Thermistors überein, von daher arbeite ich erst einmal mit diesem Provisorium. Ein Thermoelement mit längerer Leitung ist bereits bestellt.





Der nächste Punkt ist das Mainboard, das RADDS v1.1.
Diese Version hat noch keinen seperaten Anschluss für ein Thermoelement, deshalb auch die externe Wandlerkarte. Die standard-Thermistoreingänge werden über einen Pullup-Wiederstand betrieben, der die Spannung hochzieht. Daher habe ich mich dafür entschieden, den verbleibenden, nicht besonders beschalteten Analogeingang des RADDS zu verwenden. An die entsprechenden Kontakte musste ich zunächst noch Pins anlöten, um die Wandlerkarte damit zu verbinden.
Durch Messungen habe ich herausgefunden, dass dieser Kontakt zum Analogeingang 5 vom Arduino Due führt. Daher habe ich in der Config.H von Repetier den EXT0_TEMPSENSOR_PIN auf 5 gesetzt.
Da hat NICHT funktioniert. Anscheinend passen die Nummern der Analogeingänge nicht zu der internen Numerierung in Repetier.
Durch Probieren habe ich herausgefunden, dass der Kontakt tatsächlich zum TEMPSENSOR_PIN 2 gehört. Die Logik dahinter erschließt sich mir nicht.

Als ersten Test habe ich das Hotend ohne eingeführtes Material für einige Minuten auf 380 °C aufgeheizt, um zu testen, ob alle Bauteile den Temperaturen standhalten. Es roch zunächst etwas eigenartig (vermutlich sind noch einige PLA-Reste auf der Oberfläche des Heizblocks verbrannt), aber ansonsten war alles in Ordnung.
Viel heißer kann das E3d jedoch auch nicht werden. Bei 330 °C stiegt die Temperatur nur noch mit etwa 1 °C/s, bei 360 °C nur noch mit 0,5°C/s.
Anschließend habe ich das PEEK-FIlament geladen. Das Material ließ sich auf Anhieb bei 360 °C extrudieren, wenn auch nur sehr langsam. Bei etwas schnellerere Extrusion rutscht die Filamentschraube über. Bei 375 ° startete ich deshalb den ersten Druck.


(Die Temperatur war nur kurz bei 380 °C)

Einstellungen:
Geschwindigkeit: 10 mm/s für alles
Schichthöhe: 0,2 mm
Extrusionsbreite: ~0,44 mm bei 0,4 mm Düsendurchmesser
Hotend-Temperatur: 375 °C
Druckbett-Temperatur: 110 °C
Lüfter: Aus

Als Dauerdruckplatte verwende ich seit kurzem eine MTplus-Dauerdruckplatte, auf der bisher selbst ABS ohne Probleme gehaftet und sich nach erkalten wieder gelöst hat.
Auch bei PEEK war die Haftung auf der Platte sehr gut, Warping war nicht im Geringsten zu erkennen.
Das Material ließ sich bei diesen Parametern auf Anhieb sauber drucken, der Extruder stockte nie und die Extrusion war einigermaßen gleichmäßig.
Zu meiner Verwunderung riecht PEEK beim drucken fast garnicht. Bei diesen hohen Temperaturen hätte ich weitaus schlimmeres erwartet.

Fertig sieht das gedruckte PEEK dann so aus:





Das Ergebnis ist auf den ersten Blick nicht schlecht, das Material ist ziemlich steif und stabil, in der Horizontalen ist die Oberflächenqualität aufgrund der geringen Geschwindigkeit natürlich Erstklassig. In der Vertikalen sieht man jedoch einen gewissen Z-Wobble (der nicht 1:1 zur Spindelsteigung passt) und einen gewissen Farbverlauf. Das Material ist dabei leicht transparent.

Bei einem zweiten Versuch habe ich das gleiche Teil mit 360 °C gedruckt, dabei kam es aber während des Druck zu delaminierung, die Temperatur ist also viel zu niedrig.

Das größte PROBLEM war jedoch das Lösen des Teils von der Druckplatte. Jedes andere Material lässt sich nach dem Erkalten ohne Probleme von der MTplus-Platte lösen, PEEK jedoch nicht.
Bei dem ersten Versuch, das Teil zu lösen, habe ich die ersten 3-4 Schichten vom fertigen Bateil abgerissen, so stark hielt das Material noch auf der Platte. Selbst mit vorsichtigem Hebeln mit einem dünnen Spachtel konnte man das Material nicht lösen. Erst, nachdem ich das Heizbett wieder auf ~85°C aufgeheizt hatte, konnte ich die Reste langsam entfernen.

Dabei hat die Druckplatte leider einigen Schaden genommen:











Auf der Platte sind einige sicht - und fühlbare Materialausbrüche verblieben. Diese stammen garantiert nicht vom Spachtel, da sie auch an Stellen auftraten, an denen ich nicht mit dem Spachtel war.
Scheinbar hat das PEEK beim Erkalten derartig starke Spannungen aufgebaut, dass sich in der Oberfläche der Druckplatte Risse gebildet haben, oder die Platte verträgt die hohen Düsentemperaturen nicht.
Das ist sehr schade und ärgerlich, immerhin hat die Platte satte 120 € gekostet. Vielleicht habe ich ja Glück und Phillipp schickt mir auf Kulanz eine neue Platte... glaube ich aber nicht.

Zusammenfassend würde ich sagen: Um PEEK zu drucken, muss ein Drucker schon einige Voraussetzungen mitbringen und es sind mitunter viele Umbaumaßnahmen erforderlich, das Filament kostet ein Vermögen.. Der Druck dauert Ewigkeiten, aber am Ende hat man ein vor Allem thermisch hoch belastbares Bauteil.
Re: Das Drucken von PEEK (VORSICHTeye rolling smiley)
10. August 2015 04:55
Danke für diesen sehr interessanten Berich. Das wird sicherlich dem ein oder anderen ein wenig Lehrgeld sparen...


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Microsoft MVP in den Kategorien DirectX/XNA * Visual C++ * Visual Studio and Development Technologies seit 2011

  • Mein Erster (RAMPS 1.4, Selbstbau WolfStrap-Derivat mit Linearführungen, Wade Extruder und E3D lite6 Hotend)
  • Cub44 (Selbstbau Dual Wire Gantry Derivat mit Zahnriemen und Linearschienen, RADDS 1.5 und DUE, Custom Hotend - E3D like, Compact Bowden Extruder)
  • HexMax (sechseckiger Delta (eigenes Design) mit Druckraum 300mm Durchmesser und >=400mm Höhe, RADDS 1.5, 24V, Custom Hotend, Compact Bowden Extruder)
  • P3Steel Toolson MK2 - Keine Zeit zum selbst planen ;-)

Andere Projekte: FSR Board (ABL-Sensor-Platine inkl. Firmware) * ThirtyTwo (32Bit RepRap-Firmware)
Re: Das Drucken von PEEK (VORSICHTeye rolling smiley)
10. August 2015 14:47
Was hast du denn da gedruckt? Etwas mit Nutzen oder nur "Deko"?


Der 3D-Druck ist tot, lang lebe der 3D-Druck!

Schreibt mich nicht mehr an, ich hab das drucken an den Nagel gehängt.
Re: Das Drucken von PEEK (VORSICHTeye rolling smiley)
10. August 2015 16:34
Das ist ein Führungsring, den ich im Kundenauftrag gedruckt habe, ähnlich wie so was.
Re: Das Drucken von PEEK (VORSICHTeye rolling smiley)
10. August 2015 16:36
Ah... Wusste gar nicht, dass das PEEK ist. Oder ist das ein Test vom Kunden, um kostengünstigere Ringe zu kriegen?


Der 3D-Druck ist tot, lang lebe der 3D-Druck!

Schreibt mich nicht mehr an, ich hab das drucken an den Nagel gehängt.
Re: Das Drucken von PEEK (VORSICHTeye rolling smiley)
12. August 2015 03:24
Hi,

welchen Durchmesser hat der gedruckte Ring?

Gruß
nargos
Re: Das Drucken von PEEK (VORSICHTeye rolling smiley)
13. August 2015 09:23
Hallo,
mich würde interessieren ob es auf PEI hält?

Grüsse Frank


Bitte schreibt mir doch eine email bezüglich Druckplatten oder Frästeilen. Per PN ist es immer sehr umständlich winking smiley

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