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Die Rosarote Badewanne

geschrieben von Traumflug 
Die Rosarote Badewanne
11. August 2014 18:14
Fortsetzung von hier: [forums.reprap.org]

Es geht um eine kleine Wanne, die gleichzeitig Y-Schlitten und Maschinentisch ist. Wannenförmig, damit Kühlwasser nicht davon läuft. Hat sich beim Leiterplattenfräsen hundertfach bewährt, auch wenn bei ungünstiger Wasserhöhe (1-4 mm) durch den sich schnell drehenden, V-förmigen Fräser geradezu eine Art Rasensprenger entsteht. Das Wasser steigt durch die Kapillarwirkung am Fräser hoch und spritzt radial davon, wenn es einen ausreichend grossen Durchmesser erreicht hat. Ist der Effekt erst mal in Gang, ist das eine richtige Pumpe und das Wasser der Wanne binnen einer Minute in der Umgebung verteilt. Also entweder nur so viel Wasser, dass die Oberfläche gerade bedeckt ist oder gleich mindestens 5 mm hoch auffüllen.

So soll das Teil mal aussehen:



Das erste Exemplar habe ich aus Polyester gegossen. Das Zeug aus dem Baumarkt, mit dem man die Rostlöcher an Autos überlaminieren soll. Eigentlich ist das für so dicke Schichten zu stark vorbeschleunigt, doch nicht vorbeschleunigtes Polyester kostet fast das doppelte. Ich habe die Dose mal in den Kühlschrank gestellt, kühle Chemikalien reagieren bekanntlich langsamer.

Doch vorher braucht es eine Form. Mit CNC-Fräsen war ich etwas aus der Übung und dem Schrumpf-Faktor von Polyester konnte ich auch nirgendwo finden, also habe ich mal eine Kleinausgabe zum üben gemacht. Nach dem Schruppen:



Fertig!



Das ist PU-Schaum mit 650 kg/m3, Handelsname Uriol oder Necuron oder was auch immer. Die WolfStrap mit der kleinen Micromot drauf kommt da prima mit klar. Fräser 3 mm, 2 mm tief, 2,5 mm Bahnbreite, 600 mm/min. Nicht rasant, aber nach einer Stunde war das fertig und von einer 10.000-Euro-Maschine würde das nicht besser aussehen.

1-mal bearbeitet. Zuletzt am 11.08.14 18:15.


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Re: Die Rosarote Badewanne
11. August 2014 18:36
Gut geworden.
Ich hab fast zwei Jahre CFK gefräst. Davon viel im Becken. Eine einfache Rundbürste im Dirchmesser der Spindel hilft da ungemein. Einfach mit Magneten zum dranschnappen. So kannst du beim Werkzeugwechsel noch gut arbeiten.

Gruß
Re: Die Rosarote Badewanne
12. August 2014 05:49
Quote
Stud54
Eine einfache Rundbürste im Dirchmesser der Spindel hilft da ungemein. Einfach mit Magneten zum dranschnappen. So kannst du beim Werkzeugwechsel noch gut arbeiten.

Ich kann gerade nicht folgen. Welchen Zweck soll diese Rundbürste haben? Oder meinst Du eher eine ringförmige Bürste, die so eine Art Vorhang um den Fräser bildet?


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Re: Die Rosarote Badewanne
12. August 2014 06:26
Ja genau Traumflug. So ein Ding mein ich.
Die diamantverzahnten spritzen nämlich auch ganz sportlich...ich sah immer aus wie ein Sch****.

Sven
Re: Die Rosarote Badewanne
16. August 2014 11:30
Jetzt habe ich eine Woche lang mit Polyester (das billige von OBI, 15 Euro/kg) herumprobiert. Es sind ein paar Bilder dabei heraus gekommen. Ein Wiki-Artikel wird das wohl nicht werden.

Erst mal habe ich verschiedene Haushaltsmittelchen als Trennmittel ausprobiert. Armor All (Cockpit-Pflegemilch) und Polierwachs für Lacke:



Direkt auf den PU-Schaum aufgetragen, ist das Ergebnis nicht so berauschend. Es geht zwar, aber die Poren werden trotz 5 Mal auftragen nicht gefüllt. Entsprechend braucht es etwas Kraft, einen Klecks Polyester darauf wieder herunter zu bekommen.

Dann habe ich die Form mit einem sog. "Vorlack", verdünnt mit 50% Aceton, ausgestrichen. Das füllt die Poren (gut verstreichen) und die Entformung geht deutlich besser. Am besten geht jedoch Vaseline. Da wird zwar die Oberfläche nicht so toll, weil das irgendwie Tropfen und Schlieren bildet, doch das Teil fällt danach geradezu aus der Form. Egal, ob auf poröser oder gefüllter Oberfläche.

Das Probestück habe ich auch gleich mal dazu verwendet, die entstehenden Temperaturen zu messen. Beim ersten Mal mit dem Infrarotthermometer auf die oben offene Form. Beim zweiten Mal habe ich ein mir von @RobertKuhlmann zugesandtes beheiztes Bett schamlos zweckentfremdet und als Deckel auf die Form gelegt. Natürlich gut mit Vaseline eingerieben:



Durch das Bett, eine Alu-Platte, hatte ich nicht nur eine ebene Oberfläche, sondern auch einen Thermistor. Schnell die Teacup zum Temperaturlogger umgebaut (7 Zeilen Code) und die Sache lief automatisch. Das Ergebnis ist ziemlich interessant:



Erst mal passiert in Sachen Temperatur eine ganze Weile gar nichts. Die "Heiz"phase setzt dann jeweils ziemlich plötzlich ein und ist auch fast so schnell wieder vorbei. Bei 1% Härter dauert sie etwa 16 Minuten, bei 2% Härter etwa 8 Minuten. Man hat also gar nicht viel Chancen, die Wärme weg zu kühlen. Statt dessen hat sich die Wärmekapazität der Aluplatte als nahezu ideal heraus gestellt. Die Temperaturwerte sind zwar nicht gerade präzise, doch die Unterschiede zieht man schon deutlich.

Obwohl es mit Aluplatte und nur 1% Härter eigentlich noch sanfter verlaufen sollte, taugt 1% Härter nix (2,5% liegen bei, an anderer Stelle spricht man auch von 0,6% oder 0,8%). Das Polyester wurde gar nicht richtig hart, sondern ist auch noch nach drei Tagen wie so eine Art Hartgummi. Obendrein hat das 1%-Härter-Teil beim tempern im Ofen bei 70 °C lauter Risse durch Eigenspannungen bekommen. Mit 2% Härter ist die Sache dagegen brauchbar.



Die Form in der richtigen Grösse habe ich heute im CAD fertig gemacht. Muss wohl bis Montag warten, denn da dauert das fräsen 3 Stunden. Ich will dann nochmal mit Vorlack und und Lack-Wachs probieren, damit das Ergebnis hübscher aussieht.

Statt rosa wird die Badewanne wohl eher golden werden, das Billig-Polyseter hat einfach zu viele Verunreinigungen drin und selbst am roten Farbstoff im Härter haben sie gespart.

1-mal bearbeitet. Zuletzt am 16.08.14 11:36.


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Re: Die Rosarote Badewanne
22. August 2014 06:56
So einfach die WolfStrap ist, man kann mit ihr jede Menge CNC-Spass haben. Hat jetzt nicht 3, sondern 7 Stunden gebraucht:



Erneut ein einwandfreies Ergebnis:



Die Rinne aussen herum ist eine Überlaufrinne, damit das überschüssige Harz nicht auf den Tisch läuft.

Daneben steht jetzt eine Flasche "Schnellschleifgrundierung G1". Eigentlich wurde bei den Segelfliegern immer "G4" empfohlen, das konnte ich aber nicht finden. Mal gucken, wie dieses G1 taugt. Irgendwie müssen sich diese Poren doch füllen lassen.


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Re: Die Rosarote Badewanne
22. August 2014 08:26
Wenn das normales Ureol ist....dann ist es eigenlich total.einfach.

Du musst deine Form mit Anzugsschrägen versehen.
Dann schleifen mit Wasserschleifpapier bis es fast glänzt.
Dann benutzt du als Trennmittel Carnaubawachs. Das trägst du 3-5 Mal auf und gut. Danach fällt dir das aus der Form.

Auch würde ich dir Formbauharz für die nächsten Abgüsse empfehlen

Gruß Sven
Re: Die Rosarote Badewanne
22. August 2014 13:29
Quote
Stud54
Du musst deine Form mit Anzugsschrägen versehen.

Habe ich gemacht. Aussenwände 3 Grad, Innenwände 5 Grad und bei der Ablaufrinne sogar 10 Grad.

Bei der Aussenwand ist das allerdings nur, damit der Fräser nicht auf der ganzen Länge gleichzeitig schneidet. Denn von dort schrumpft das Teil ja weg. Man kann schon vor dem heraus nehmen einen Spalt zwischen Form und Teil erkennen.

Beim Probestückchen wollte es trotz der 5 Grad Schräge auch mit Klopfen nicht rausfallen. Deswegen habe ich jetzt vorsichtshalber mal ein paar Abdrücker angebracht. Also Gewindebohrungen durch die Form, in die man dann beim Guss Schrauben einsetzt, mit denen man nach dem härten von dann innen drücken kann.

Quote
Stud54
Dann schleifen mit Wasserschleifpapier bis es fast glänzt.

Schaum ohne Porenfüller polieren? Das machst Du mir bitte vor :-)

Das G1 macht sich allerdings ganz gut.


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Re: Die Rosarote Badewanne
22. August 2014 13:35
Sorry....sah für mich aus wie Ureol...ich kenne nur das hellbraune. Davon hab ich mal ne größere Menge gekauft gehabt.

Das ließ sich perfekt schleifen und polieren. smiling smiley

Das Wachs ist aber trotzdem krass. Ich hätte nie geglaubt das man da wirklich aus einer Form mehrfach ziehen kann ohne nochmal neu zu trennen.

Viel Glück noch...
Re: Die Rosarote Badewanne
23. August 2014 04:29
"Ureol" ist ja nur ein Markenname. Da gibt es bestimmt 10 Sorten unter dem Namen. Meine ist die mit 0,65 kg/Liter, vielleicht hast Du ja eine andere Sorte gehabt.

Was ich vergessen habe: Einen Schriftzug in die Form einbringen. Denn das Ding soll auf der Maschine nach dem Einbau nachgefräst werden. Sonst ist das nicht genau genug für's Platinen bearbeiten. Die Form ist jetzt so glatt und hübsch, dass die Leute das "vergessen" ... und dann über mangelnde Präzision meckern werden. Ein Schriftzug wäre da genau richtig, denn den muss man dann wegfräsen. Vielleicht hole ich das irgendwann noch nach.


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Re: Die Rosarote Badewanne
23. August 2014 05:23
Quote
Traumflug
"Ureol" ist ja nur ein Markenname. Da gibt es bestimmt 10 Sorten unter dem Namen. Meine ist die mit 0,65 kg/Liter, vielleicht hast Du ja eine andere Sorte gehabt.

Ja ich weiß....aber das ist schon Jahre her. Ich kann mir nicht alles merken. smiling smiley
Ich hab damals Speedboote um 120cm designed und gefertigt. War ne tolle Zeit. Hab viel gelernt, was Lage und Laminierpläne angeht und Krafteinleitungen bei diversen Faserrichtungen. War echt spannend. Nur leider auch nicht so toll für die eigene Gesundheit.
Re: Die Rosarote Badewanne
26. August 2014 16:47
Vor ein paar Tagen hatte ich eine prima Idee: wenn da schon ein Heizbett oben auf der Form drauf liegt, warum dann nicht gleich damit tempern? Also das Bauteil ein paar Stunden lang bei 60, 70 °C halten, damit die chemische Reaktion komplett abschliesst.

Gesagt, getan, die Teacup ein bisschen umprogrammiert. Die hat dann sogar selbstständig erkannt, wann die Selbstheizphase zu Ende ist, um danach gleich die Temperatur mit der Heizung zu halten.

Das mit dem wachsen der Form hat prima geklappt, da ist nichts in der Form hängen geblieben. Das mit den Abdrückschrauben auch, deren Löcher habe ich einfach mit einem Stück Tesa zugeklebt. Die Überlaufrinne hat auch ihren Zweck erfüllt. Weil jetzt beim "richtigen" Teil 6 Mal mehr Harz (450 Gramm) auf die gleiche Menge Aluminium-Kühlkörper trifft, ging die Temperatur wieder auf gut 70 °C hoch.

Das mit dem tempern hat ebenfalls geklappt. Als ich die Form aufgemacht habe, war da nichts mehr klebrig. Nur ... naja, siehe Bild.

In irgend einem Bastlerforum habe ich mal im Nebensatz gelesen, dass Epoxidharz erst schrumpft und dann hart wird, das Harz also beim schrumpfen nachfliessen kann. Bei Polyester wäre es umgekehrt, weswegen der gemessene Schrumpf am Ende viel grösser ist. Da muss wohl was dran sein.


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Re: Die Rosarote Badewanne
27. August 2014 05:48
Auffällig ist, dass das Harz in der Ablaufrinne zwar einen geschlossenen Ring bildet und auch hart geworden, aber nicht gebrochen ist. Ich kann mit also noch Chancen ausrechnen, aus der Form trotz des heftigen Schwundes (rund 2%) ein intaktes Teil raus zu holen.


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Re: Die Rosarote Badewanne
27. August 2014 06:41
Nimm halt mal Epoxydharz. Damit wirst du weniger Probleme haben.

Sven
Re: Die Rosarote Badewanne
27. August 2014 08:10
Epoxidharz hat andere Probleme. Zum Beispiel die viel höhere Wärmeentwicklung, die nicht bei 70 °C selbstständig aufhört. Auch die längere Härte- und Temperzeit. Polyester ist da mit 1 + 3 Stunden zufrieden, Epoxy braucht eher 12 + 8 Stunden, je nach Sorte.

Aber wenn das mit dem Polyester nix wird, also das, was schon ich habe, aufgebraucht ist, probiere ich das schon auch noch mit Epoxy. Da gibt es ja Sorten, die 5 Stunden Topfzeit haben (+ viele Stunden Härtezeit), die sollten auch bei 30 mm Schichtdicke thermisch im Griff zu behalten sein.

Ein Füllmaterial wäre vielleicht auch nicht schlecht. Harz pur ist schon ziemlich spröde. Muss leicht zu fräsen sein und gefräst eine Oberfläche ergeben, auf der Klebeband gut hält.


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Re: Die Rosarote Badewanne
27. August 2014 08:24
Das kann ich so nicht bestätigen. Epoxy plus Härter mag zwar exotherm reagieren...aber bei weitem nicht so schlimm wie Polyesther.

Baumwollflocken funktionieren immer als Füllmaterial....wenn du eine Deckschicht aus tixothropen Harz einbringst. Und 24 Stunden solltest du schon warten.

Sven
Re: Die Rosarote Badewanne
27. August 2014 09:22
Also ich habe schon Epoxidharz-Rührbecher gesehen, die buchstäblich in Rauch aufgegangen sind. Ein normaler Joghurtbecher voll reicht da. Wenn man nur 3, 4 Lagen einlaminiert natürlich nicht, da ist das dünn genug.


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Re: Die Rosarote Badewanne
27. August 2014 17:18
Ich hab' gerade mal wieder einen Hals auf Baumärkte. Die sind fast so schlimm wie eBay. Andere Flasche Harz genommen, völlig andere Eigenschaften. Obwohl im Prinzip das Gleiche drauf steht. Das Zeug wurde so schnell hart, dass ich kaum Zeit hatte, es in die Form zu giessen. Höchstens 10 Minuten. Trotz pingelig auf das Zehntel Gramm abgewogener Härtermenge. Ist wohl mehr Zufall, was genau da in den Regalen steht.

Dafür konnte ich das gegossene Teil wohl retten. Es hat zwar Risse bekommen, aber die habe ich mit frischem Harz voll laufen lassen. Ist alles noch ein Stück :-)

Bezüglich der Wärmeentwicklung habe ich im Datenblatt von Baxxodurres 5500 eine interessante Grafik gefunden:



Das ist ein Harz, das man mit zwei verschiedenen Härtern verwenden kann. Diese explosionsartige Selbsterhitzung fällt bei langsamen Varianten wohl aus. Ein Punkt für EP-Harz, es liegt damit mit 3:2 vorn. :-)

1-mal bearbeitet. Zuletzt am 27.08.14 17:21.


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Re: Die Rosarote Badewanne
28. August 2014 18:00
Bei Tageslicht und nachdem der Brass über die Baumärkte verflogen ist, sieht die Sache doch ganz ordentlich aus:



Nach 3 Stunden tempern war es sogar wieder gerade. Die Risse erkennt man nur noch an den Klecksen oben drauf.

Morgen wird das Ding montiert. Mit J-B Weld, einem Epoxidharz. Danach wird es dann noch für die Präzision überfräst, dann sind auch die Kleckse weg.


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Re: Die Rosarote Badewanne
30. August 2014 15:28
Montiert. Mission accomplished.




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