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Einteilung der Additiven Vertigungsverfahren nach ASTM ISO 52900 und ISO 17296-2

geschrieben von sechsteelement 
Einteilung der Additiven Vertigungsverfahren nach ASTM ISO 52900 und ISO 17296-2
21. May 2017 07:10
Hallo,

für den einen oder anderen hoffentlich interessant zu wissen, dass es Normen gibt, für die Einteilung der Additiven Fertigungsverfahren.

Das größte Problem an AM Technologien in meinen Augen ist, dass jede große Firma ihr Verfahren unter einem eigenen Namen vertreibt und es ihnen egal ist, in wie weit sie sich von anderen Verfahren abgrenzen.
Außerdem kann es auch zu Patent-/ Markennamen- oder ähnliche Probleme kommen. Zwei typische Probleme sind:
- FDM- Fused Deposition Modeling (Markenname von Stratasys) und FFF- Fused Filament Fabrication (RepRap Community)
- SLS- Selectiv Laser Sintering und SLM- Selectiv Laser Melting und EBM- Electron Beam Melting

Beim ersten Problem ist das Verfahren gleich und nur der Name auf Grund von einer geschützten Marke sich unterscheidet. Mittlerweile ist es aber schon fast egal, da in fast jedem Beitrag in Zeitungen etc. vom FDM Verfahren gesprochen wird. Beim zweiten Problem ist das Grundprinzip das gleiche, ein Pulverbett (Polymer, Metall, Keramik) wird mittels eines Energiestrahls aufgeschmolzen/gesintert und sich dann nur in technische Details unterscheidet, die Vor- und Nachteile mit sich bringen.

Hier kurz die Einteilung der Technologie (Namen in englisch und deutsch) mit kurzer freier Erklärung die sich auf das Wesentliche beschränkt:

- VAT photopolymerization - Photopolymerisation im Bad: Polymerharz wird in einem Becken mit Hilfe von Lichtstrahlung ausgehärtet
- Material jetting - Material-Jetting-Verfahren: Tröpfchen werden selektiv abgelagert, um Bauteil aufzubauen
- Binder jetting - Binder-Jetting-Verfahren: Flüssiges Bindemittel wird selektiv abgelagert und verklebt Pulverteilchen in einem Pulverbett
- Powder bed fusion- Pulverbettbasiertes Schmelzen: Thermische Energie verschmelzt Pulverteilchen in einem Pulverbett
- Material extrusion - Materialextrusion: Material wird selektiv durch eine Düse abgelegt
- Direct energy deposition - Gerichtete Energiedeposition: Material wird in fokussierter Energie eingebracht, aufgeschmolzen und abgelagert
- Sheet lamination - Sheet-Lamination-Verfahren: Folien werden schichtweise zusammengefügt um Bauteil aufzubauen

Aus der neuen Einteilung gibt es daher jeweils eine Lösungen für die ersten genannten Probleme:
- FDM und FFF wird in der neuen Einteilung einfach als Material Extrusion - Materialextrusion beschrieben und es gibt keinen Bezug mehr auf den Markenname FDM der Firma Stratasys.
- SLS, SLM und EBM werden als Powder bed fusion - Pulverbettbassiertes Schmelzen zusammengefasst, da die Grundidee in allen Verfahren die gleiche ist. Gerade schmelzen und sintern ist manchmal nicht so einfach zu unterscheiden und abhängig vom Material und der Umgebung.

Vermutlich wird aber die Norm auch nicht viel ändern, da die Begriffe schon zu fest verankert sind und große Firmen auf ihre Markennamen bestehen werden. Bei 3dhubs gibt es eine gute Grafik mit den Verfahren, alten Namen und Firmen die die Verfahren prägen oder geprägt haben:
Link zu 3dhubs

Noch eine Kurze Erklärung/ Meinung zu den Normen:
Ursprünglich ist die erste Version eine ISO/ ASTM-Norm (englischer Sprache) und daraus haben sich dann die Ableger für die einzelnen Gebiete gebildet z.B. die DIN EN ISO Norm für Deutschland. Ich finde die deutsche Version etwas holprig in der Übersetzung, daher solltet ihr wenn ihr die Möglichkeit habt auch mal die englische Version ansehen. Die aktuelles Version der Namenseinteilung findet man unter der ISO/ASTM-Norm 52900, wobei die Erklärungen in der älteren ISO 17296-2 gleich sind. Vermutlich wird da gerade umgeordnet/ neu verfasst und optimiert. Ich habe die Namen aus den Normen übernommen, die Erklärung aber etwas angepasst, da das mit dem eins zu eins übernehmen immer so eine Sache ist und das Forum öffentlich ist, ich werde daher auch keine Auszüge der Normen veröffentlichen, um rechtliche Probleme zu vermeiden.

Mir persönlich gefällt die Norm sehr gut und sie hilft mir bei meiner Arbeit die Verfahren richtig einzuteilen und abzugrenzen. Ein paar Sachen sind sicherlich verbesserungswürdig, aber so ist das ja immer mit Normen. Ich werde aber trotzdem wohl nie zu einem Norm-Fetischisten werden, wie man sie gerne an der Uni findet, sondern die Normen sind eine Hilfe zur Einteilung und ich verbinde sie immer mit den alten Begriffen, um es einfach zu halten und jeden auf seiner Stufe abzuholen.

Abschließend noch eine interessante Sache:
Laut Norm soll man nur noch von Additiven Fertigung sprechen und nicht mehr von 3d-Druck, da dies in einer Anmerkung so erklärt wird: "Häufig in einem nichttechnischen Kontext verwendeter Begriff, Synonym für additive Fertigung; bis zur Gegenwart wurde dieser Begriff insbesondere mit Maschinen in Verbindung gebracht, die niedrige Preis und/ oder Leistungsfähigkeit bieten."

Wenn ich sehe was hier der eine oder andere im Hobbykeller zusammenschraubt und wie manche Maschine hier im Forum die erwerbbaren Maschinen großer Hersteller in den Schatten stellen, dann kann man das ja eigentlich nur als Kompliment annehmen.

Was haltet ihr eigentlich von den Normen für die Additive Fertigung bzw. kanntet ihr die Normen schon vorher?

Viele Grüße
VDX
Re: Einteilung der Additiven Vertigungsverfahren nach ASTM ISO 52900 und ISO 17296-2
21. May 2017 09:17
... bei SLS gegen EBM oder SLM (oder auch DLM oder DMSL) gibt es noch anzumerken, daß es noch ein anderes Verfahren gibt, das ebenfalls zu Mißverständlichkeiten fühlen kann - dabei wird nicht eine ebene Pulverschicht aufgeschmolzen, sondern das Pulver wird über Düsen direkt in den Laserstrahl eingesprüht, schon im Flug teilweise aufgeschmolzen und erzeugt dann eine Art "Schmelzraupe" auf der Metalloberfläche - damit erhält man glatte Werkstückoberflächen, statt der typisch "sandigen" Struktur beim Pulverbett-Sintern ...


Viktor
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Re: Einteilung der Additiven Vertigungsverfahren nach ASTM ISO 52900 und ISO 17296-2
21. May 2017 14:37
Hallo Viktor,

das Verfahren, dass du beschreibst ist vermutlich eher der Kategorie Direct energy deposition - Gerichtete Energiedeposition zuzuordnen. Bei SLS und SLM wird ja in ein Pulverbett gedruckt und es muss viel Arbeit in die Optimierung des Pulverbetts gesteckt werden daher auch als eigene Kategorie Powder bed fusion- Pulverbettbasiertes Schmelzen. Das genannte Verfahren von dir ist ja ähnlich dem thermischen Spritzen mit dem z.B. keramische Beschichtungen auf Turbienenschaufeln aufgebracht werden, indem Pulver oder ähnliches in einen Strahl eingebracht wird mit einer Heißgasdüse oder wie bei dir mit einem Laser.

In den Normen stehen weitere Informationen zu den Verfahren. Wenn man etwas weiter denkt kann man aber eigentlich alle Ideen und Verfahren in die 7 Kategorie einteilen z.B. 3D Druck mit deinem Pastedispenser: Wenn man mit UV härtbaren Pasten arbeitet, könnte man das Verfahren als Material Extrusion einteilen, da das Material durch eine Düse gepresst wird und die Düse sich unmittelbar über dem Bauteil bewegt. Hätte dein Material eine Flugzeit, also einen Abstand zwischen Bauteil und Düse, wäre es eher zur Kategorie Material jetting zu zu ordnen. Damit das aber überhaupt funktioniert, müsste die Viskosität viel geringer sein (eher wie Wasser) und der Druckkopf wäre vergleichbar mit einem Tintenstrahldrucker. Durch die Flugzeit bildet sich ein Tropfen der sich zur Kugel bildet und evtl noch einen Faden hinter sich herzieht und beim Auftreffen auf die Bauplatform bildet sich eine kleiner Klecks Material der ausgehärtet werden kann. Die Technologie ist also ganz anders als bei deinem System und daher auch einer anderen Kategorie zuzuordnen.

Gibt sicherlich noch mehr Beispiele die man in die Kategorien einteilen kann. Evtl ist das aber auch etwas fehl am Platz hier im Forum, da mal als Hobbiest nicht wirklich auf die Normen zu greifen kann. Wenn jemand noch studiert, ist das aber häufig über die Unibibliothek möglich.

viele Grüße
VDX
Re: Einteilung der Additiven Vertigungsverfahren nach ASTM ISO 52900 und ISO 17296-2
22. May 2017 03:26
Quote

...
Hätte dein Material eine Flugzeit, also einen Abstand zwischen Bauteil und Düse, wäre es eher zur Kategorie Material jetting zu zu ordnen. Damit das aber überhaupt funktioniert, müsste die Viskosität viel geringer sein (eher wie Wasser) und der Druckkopf wäre vergleichbar mit einem Tintenstrahldrucker. Durch die Flugzeit bildet sich ein Tropfen der sich zur Kugel bildet und evtl noch einen Faden hinter sich herzieht und beim Auftreffen auf die Bauplatform bildet sich eine kleiner Klecks Material der ausgehärtet werden kann. Die Technologie ist also ganz anders als bei deinem System und daher auch einer anderen Kategorie zuzuordnen."]

... meine Pastedispenser sind "Jetter" mit einem Abstand Düse zu Oberfläche von typischerweise 2mm bis etwa 10mm ... und die Viskositäten der Pasten, die ich damit drucke, reichen von "niederviskos" (wie Wasser, 1 bis 300 mPas), bis zu "hochviskos" (zäher als Zahnpasta, mit zuletzt 58000 mPas winking smiley )


Viktor
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Re: Einteilung der Additiven Vertigungsverfahren nach ASTM ISO 52900 und ISO 17296-2
22. May 2017 03:28
Hallo,

ach cool und ich dachte immer du druckst mit hochviskosen Pasten ähnlich den Klebstoffen bzw. Dichtungen.

Viele Grüße
VDX
Re: Einteilung der Additiven Vertigungsverfahren nach ASTM ISO 52900 und ISO 17296-2
22. May 2017 06:12
... was ich mit den Dispenser-Anlagen mache, kommt immer auf die "Zielgruppe" an - die letzten Blog-Posts waren fast immer nur zu den jeweiligen Messen, wo ich meist UV-härtbare eingefärbte Pasten verdrucke, damit die Besucher was zu sehen haben winking smiley

Hab' aber auch schon "Mikro-Sprüh-Düsen" für die schnelle Beschichtung mit leicht flüchtigen Lösemitteln mit Heiß-Siegellack drin gehabt, um dünnste (<3µ) thermoplastische Kleber-Schichten aufzubringen ... das ist oft aber für Kundenprojekte und unter "NDA", so daß ich davon keine Bilder posten kann eye rolling smiley


Viktor
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Re: Einteilung der Additiven Vertigungsverfahren nach ASTM ISO 52900 und ISO 17296-2
22. May 2017 06:44
Hallo Victor,

die Sachen die du gepostet hast, habe ich soweit auch verfolgt. Ich werde demnächst auch einen kleinen Druckkopf für keramische Massen aufbauen ähnlich dem, der im RepRap Magazin ist.
Ist natürlich nun ziemlich off-topic.

Da du der einzige bist, der hier mit schreibt mal ne direkt Frage. Kennst du die genannten Normen bzw. wie findest du die Einteilung? Du bist ja schon sehr lange mit dabei was man so liest und mich hat z.B. in meiner Masterarbeit echt gestört, dass die gängigen Einteilungen sich nicht auf alle Verfahren beziehen lassen und dass die sehr lange beibehalten wurden.

Viele Grüße
VDX
Re: Einteilung der Additiven Vertigungsverfahren nach ASTM ISO 52900 und ISO 17296-2
22. May 2017 10:27
... ich versuch das noch mehr "Runterzubrechen" -- für mich gibt's eigentlich nur "subtraktiv" und "additiv" cool smiley

Überleg dir nur mal, was für unterschiedliche "subtraktive" Verfahren es gibt ... da ist die Handvoll additiver doch noch richtig aufgeräumt winking smiley

Ansonsten trenne ich das eher nach Pulver (-Bett oder "gerichtetes Aufsprühen"), Draht-"Umschmelzen" (á la FDM/FFF) oder -Aufschmelzen (egal, welcher Werkstoff), Paste-Dispensen (UV-, Thermo- oder Luft-härtend), Fluid-Aufspritzen (auch meist UV-härtende Pasten, manchmal auch Metall-Schmelzen), UV-Resin-Härten (SLA mit Laser, DLP-Beamer top-down/down-up, Nanoscribe 2-Photonen-Lithografie) ... und noch ein paar nicht ganz so bekannte Verfahren ...


Viktor
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VDX
Re: Einteilung der Additiven Vertigungsverfahren nach ASTM ISO 52900 und ISO 17296-2
24. May 2017 17:04
... hier ist eine schöne Aufstellung der Druckverfahren mit prozentueller Wichtung:




Viktor
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